Ein Rückblick auf: Mary Joe Fernandez
Die Geschichten der großen Stars der Tennis-Szene sind den Meisten bekannt. Mit der Serie “Ein Rückblick auf” werfen wir einen Blick zurück auf vergangene Stars, die nicht immer im Rampenlicht standen. Heute steht im Blickpunkt die Amerikanerin Mary Joe Fernandez, die in den 90er Jahren konstant in den Top 10 stand, aber für viele Experten zu „brav“ war, um einen großen Titel zu gewinnen.
Am 19. August 1971 wurde Mary Joe Fernandez in der Dominikanischen Republik geboren, aber wuchs in Miami, Florida auf. Schon 1985 im Alter von nur 13 Jahren erreichte sie in Miami das Achtelfinale, wo sie ebenso wie in der 1. Runde ihres 1. Grand-Slam Turnier, den French Open, gegen Hana Mandlikova verlor. Bei den US Open 1985 wurde sie 8 Tage nach ihrem 14. Geburtstag die jüngste Spielerin die bei den US Open je ein Match in der Hauptrunde gewann. Im folgenden Jahr wurde Fernandez dann Profi-Spielerin.
Bei den French Open konnte sie 1986 die an 4 gesetzte Claudia Kohe-Kilsch bezwingen und unterlag erst im Viertelfinale gegen Helena Sukova. In Wimbldeon und bei den US Open unterlag sie jeweils gegen Chris Evert, galt aber zu jener zeit als hoffnungsvollste Nachwuchsspielerin in den USA. Doch die Erwartungen in die junge und zierliche Fernandez waren, in Anbetracht solcher Erfolge wie Chris Evert sie erreichen konnte, zu hoch gesteckt. In den Jahren 1987 und 1988 konnte sie weder ein Finale auf der Tour erreichen, noch bei einem Grand-Slam über das Achtelfinale hinaus kommen. Dennoch konnte sie sich durch Viertel- und Halbfinals auf Rang 15 der Weltrangliste Ende 1988 vorarbeiten.
Der größte Erfolg 1989 war das 1. Grand-Slam Halbfinale für Mary Joe Fernandez. In Paris hatte sie im Achtelfinale die an 2 gesetzte Gabriela Sabatini bezwungen und unterlag dann im Halbfinale der um wenige Monate jüngeren Arantxa Sanchez, die das Turnier letzten Endes sensationell im Endspiel gegen Steffi Graf gewinnen konnte.
In Filderstadt erreichte Fernandez ihr 1. Finale auf der Tour – unterlag jedoch im Endspiel Gaby Sabatini in 2 Sätzen. Durch Rang 12 in der Weltrangliste konnte die Amerikanerin jedoch erstmals am Tour-Finale teilnehmen. Diese Position konnte sie zu Beginn des Jahres 1990 deutlich verbessern, als sie überraschend das Endspiel der Australian Open erreichte. Im Viertelfinale hatte sie die an 3 gesetzte Zina Garrison mit 8:6 im 3. Satz bezwungen und auch das Halbfinale gegen die dort überraschend stehende Deutsche Claudia Porwik konnte sie gewinnen. Gegen Steffi Graf hatte sie jedoch bei der 3:6 und 4:6 Niederlage im Finale keine wirkliche Chance.
Bei den French Open musste sich die erst 18-jährige Fernandez einer noch jüngeren und noch größeren US-Hoffnung geschlagen geben: sie unterlag im Viertelfinale der erst 14-jährigen Jennifer Capriati. Nachdem Fernandez in Wimbledon verletzungsbedingt nicht antreten konnte, erreichte sie bei den US Open das Halbfinale und unterlag dort Gabriela Sabatini, die das Turnier später gewann, denkbar knapp mit 5:7, 7:5 und 3:6. Wenige Wochen später feierte dann jedoch Fernandez ihren 1. Titel auf der Tour in Tokio und legte den 2. Titel in Filderstadt direkt nach. Nach dem Halbfinale beim Masters beendete Mary Joe Fernandez ihr bestes Jahr auf Rang 4 der Weltrangliste.
1991 begann gut für die Amerikanerin. Als Nummer 3 der Setzliste spielte sie sich bei den Australian Open bis ins Halbfinale, ohne in einem Satz mehr als 3 Spiele abgeben zu müssen. Im Halbfinale kam es unter brütender Hitze zu einem kuriosen Match mit Monica Seles. Ferndez verlor 3:6, 6:0 und 7:9 – wobei sie bei 6:5 im 3. Satz einen Matchball nicht nutzen konnte. 1991 wurde überdeutlich, das Ferndez eine gute Spielerin war, die fast immer das Viertelfinale oder Halbfinale einer Turniers erreichte – aber dann dort doch scheitern sollte.
1991 unterlag sie sechs Mal Monica Seles, zwei Mal Martina Navratilova, zwei Mal Arantxa Sanchez und je einmal gegen Gaby Sabatini und Steffi Graf.
1992 zeichnete sich ein ähnliche Bild ab. Ferndez konnte zu Jahresbeginn nach einem Sieg über Sabatini das Finale in Melbourne erreichen, verlor dort aber gegen Monica Seles, ebenso wie drei Wochen später beim Turnier in Essen. Ihre Ranglisten-Position stagnierte zwischen 5 und 10. Doch 1993 sollet Mary Joe Ferndez ein ganz besonderer Sieg gelingen.
Bei den French Open traf sie im Viertelfinale auf Gabriela Sabatini. Nach weniger als einer Stunde lag Fernandez mit 1:6 und 1:5 zurück. Nach eigenen Angaben hatte sie sich in diesem Moment nur zum Ziel gesetzt nicht in unter einer Stunde verlieren zu wollen. Doch es folgte eine legendäre Aufholjagd. Insgesamt 5 Matchbälle wehrte die Amerikanerin ab und siegte am Ende noch mit 1:6, 7:6 (7:4) und 10:8. Nach einem Erfolg über Sanchez im Halbfinale hatte Fernandez im Endspiel gegen Steffi Graf Chancen auf ihren 1. Grand-Slam Sieg. Sie gewann den 1. Satz mit 6:4 – verlor den 2. Satz mit 2:6. Der 3. Satz war ausgeglichen, wurde am Ende aber von Steffi Graf mit 6:4 gewonnen. Fernandez sollte kein weiteres Endspiel bei einem Grand-Slam erreichen.
Zwischen 1994 und 1996 konnte Fernandez bei den Grand-Slams nicht über Viertelfinals hinauskommen, konnte aber 1995 zum 2. Mal nach 1990 zwei Turniere in einem Jahr gewinnen. Ein letztes gutes Jahr im Einzel wurde 1997. In Melbourne erreichte sie nochmal das Halbfinale, wo sie der jungen Martina Hingis unterlag. Und in Berlin sollte zum 1. Mal ein Tier I Turnier gewinnen können, indem sie Mary Pierce im Endspiel bezwang. Es war der letzte von 7 Turniersiegen für Mary Joe Fernandez auf der WTA-Tour.
Ferndez beendete ihre Karriere im Jahr 2000 im Alter von 28 Jahren. Ihr letztes Grand-Slam Match – im Achtelfinale der US Open 1999 verlor Fernandez unglücklich gegen Venus Williams. Sie hatte den 1. Satz mit 6:2 gewonnen, ehe es zu Regnen begann und sie sich auf dem rutschigen Platz eine Beinverletzung zu zog. Nach Wiederaufnahme gewann Fernandez nur noch ein Spiel und verlor das Match in drei Sätzen.
Zu ihren besten Zeiten war Fernandez eine typische Spielerin um Rang 5 der Welt. Sie hatte sich diesen Rang verdient, weil sie mit kaum einer schlechter positionierten Spielerin Probleme hatte – aber auch kaum Siege gegen besser positionierte Spielerinnen einfahren konnte.
Dementsprechend deutlich fällt die Bilanz gegen die Stars der Tour aus: 0:17 gegen Steffi Graf – 1:15 gegen Monica Seles – 0:7 gegen Chris Evert, 0:8 gegen Martina Navratilova. Leglich gegen Sanchez (4:7) und Sabatini (10:13) konnte Fernandez einige gute Siege erringen.
Dafür holte sich Fernandez einige Titel im Doppel. So gewann sie mit Patty Fendick die Australian Open 1991 und gemeinsam mit Lindsay Davenport die French Open 1996. Überdies stand sie weitere fünf Mal in Doppel-Endspielen bei Grand-Slams. Bei den Olympischen Spielen konnte sie mit Gigi Fernandez die Gold-Medaille im Doppel 1992 in Barcelona und 1996 in Atlanta erringen. Außerdem gewann sie 1992 im Einzel die Bronzemedaille.
Fernandez ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie arbeitet bei ESPN als Tennis-Kommentatorin und ist bei Spielern und Spielerinnen als beliebte Interviewerin geschätzt. So interviewte sie auch 2010 bei den US Open die Spieler vor dem Weg auf den Platz und nach den Matches direkt auf dem Court.

In diesem Beitrag:
Tennisspieler: Arantxa Sanchez, Chris Evert, Claudia Porwik, Gabriela Sabatini, Gigi Fernandez, Jennifer Capriati, Lindsay Davenport, Martina Hingis, Martina Navratilova, Mary Joe Fernandez, Mary Pierce, Monica Seles, Patty Fendick, Steffi Graf, Venus Williams, Zina Garrison