Ein Rückblick auf: Marcelo Rios
Die Geschichten der großen Stars der Tennis-Szene sind den Meisten bekannt. Mit der Serie “Ein Rückblick auf” werfen wir einen Blick zurück auf vergangene Stars, die nicht immer im Rampenlicht standen. Heute steht im Blickpunkt die Chilene Marcelo Rios, der kurzzeitig die Nummer 1 der Welt war und wegen seines enormen Ballgefühls von vielen gefürchtet war.
Marcelo Rios wurde am 26. Dezember 1975 in Santiago, Chile geboren und begann für Profi-Verhältnisse sehr spät mit dem Tennisspielen – nämlich im Alter von 11 Jahren. 1993 gewann er als 17-jähriger den Junioren-Wettbewerb der US Open und wurde als erster Südamerikaner die Nummer 1 der Junioren-Rangliste.
Im folgenden Jahr begann er als Profi auf der ATP-Tour zu spielen und machte erstmals bei den French Open auf sich aufmerksam, als er zwar in der 2. Runde gegen Pete Sampras verlor, aber der damaligen Nummer 1 einen harten Kampf lieferte und mit seinem gefühlvollen Spiel die Zuschauer begeisterte.
Der Durchbruch gelang dem Linkshänder 1995 mit drei Turniersiegen (Bologna, Amsterdam und Kuala Lumpur) und in seiner Heimatstadt Santiago de Chile konnte der das Endspiel erreichen. An seinem 20. Geburtstag im Dezember 1995 belegte Rios Rang 25 der Weltrangliste.
1996 erreichte Rios bei den Masters Turnieren in Indian Wells, Monte Carlo und Toronto das Halbfinale, konnte jedoch bei den Grand-Slams nicht über das Achtelfinale hinaus kommen und mit Sankt Pölten nur ein Turnier gewinnen können. Dennoch rangierte er zu Jahresende auf Rang 11. Um einen Platz besser stand er Ende des Jahre 1997 nachdem er in diesem Jahr in Monte Carlo sein 1. Masters-Turnier gewinnen konnte und bei den Australien und den US Open jeweils im Viertelfinale stand.
Doch Rios´ bestes Jahr sollte 1998 werden. Er gewann zu Jahresbeginn das Turnier von Auckland und spielte sich dann bei den Australian Open in sein einziges Grand-Slam Finale, wo er mit Petr Korda einem weiteren Linkshänder unterlegen war. Das Endspiel gilt als sehr umstritten, da Korda mehrere Monate später wegen Dopings von der ATP gesperrt wurde. Dennoch begann für Rios mit dem Endspiel von Melbourne der Aufstieg zur Nummer 1. Im März 1998 gewann Rios die beiden Masters-Turnier von Indian Wells (gegen Greg Rusedski) und Miami (gegen Andre Agassi) und sprang am 30. März 1998 auf den Spitzenplatz der Rangliste. Diese Position verlor er nach 4 Wochen wieder, da er Verletzungbedingt seinen Titel beim Masters in Monte Carlo nicht verteidigen konnte.
Dafür sicherte er sich in Rom sein 3. Masters-Turnier des Jahres, unterlag jedoch bei den French Open im Viertelfinale dem späteren Sieger Carlos Moya. Im August konnte er nochmals zwei Wochen die Weltrangliste anführen und beendete das Jahr als Nummer 2.
Doch der ganz großen Wurf – der Gewinn eines Grand-Slams – gelang dem Chilenen nie. Er ist somit bis heute der einzige Spieler, der zwar Nummer 1 der Welt war, aber nie ein Grand-Slam gewann. 1999 konnte er nicht an die guten Leistungen aus dem Frühjahr des Vorjahres anknüpfen. In Hamburg konnte er mit erst 23 Jahren sein letztes Masters-Turnier gewinnen, doch rutschte in der Welt auf Platz 9 ab.
Zwischen 2000 und 2002 war Rios immer wieder von Verletzungen geplagt und konnte an vorherige Leistungen nicht mehr anknüpfen. Sein letzter Turniersieg gelang ihm 2001 in Hong Kong und seine letzte Finalteilnahme datiert aus dem Februar 2003 in Vina del Mar im heimischen Chile. In der 1. Runde der French Open 2003 musste Rios gegen Mario Ancic wegen einer Hüftverletzung aufgeben und bestritt danach nie wieder ein Match auf der Profi-Tour.
Als er 2004 endgültig des Ende seiner Karriere bekannt gab, reiste der bei seinen Landsleuten sehr beliebte Rios durch das ganze Land und organisierte Schaukämpfe gegen Spieler wie Petr Korda, Goran Ivanicevic oder Guillermo Coria. Wie anerkannt Rios´ Talent auch unter Kollegen war zeigt, dass 2007 Andre Agassi und 2008 Pete Sampras nach Chile zu Schaukämpfen gegen Rios reisten.
Doch war die Karriere von Marcelo Rios auch von einigen Kontroversen begleitet:
- Er bekam 1998 eine Geldstrafe von 10.000 US$ wegen Raserei während des Turniers von Stuttgart.
- In einem dubiosen Unfall soll er seinem Fitnesstrainer Manuel Astorge mit seinem Jeep über den Fuß gefahren sein und den später entlassenen Trainer verletzt zurückgelassen haben.
- Nachdem ein Magazin Fotos von ihm mit einer fremden Frau beim Tanzen zeigte, verließ ihn seine damalige Freundin Guiliana Sotela. Rios verlas später während einer Pressekonferenz unter Tränen einen Brief in welchem er Sotela um Verzeihung bat.
- Angeblich soll er seine 2. Frau aus dem Auto geworfen haben. Diese erschien anschließend am Flughafen von Santiago im Rollstuhl mit mehreren Verletzung, die sie sich jedoch laut Rios bei einem Ski-Unfall zugezogen hatte.
- 2001 wurde er in Rom inhaftiert, nachdem er einem Taxi-Fahrer auf die Nase schlug und sich dann mit dem Polizisten prügelte, der ihn festnehmen wollte.
- Während der Vorbereitungen auf ein Davis-Cup Match 2003 soll er in einer Bar auf einen fremden Mann uriniert haben und wurde aus dem Hotel geworfen nachdem er nackt im Pool geschwommen war. Aufgrund jener Vorfälle verpasste das chilenische Team am folgenden Tag den Flug nach Ecuador zur anstehenden Begegnung.
- Ebenfalls 2003 wurde er mit einem Freund aus einer Bar in Santiago geworfen, nachdem sie in ein Handgemenge involviert waren. Beide wurde später inhaftiert.
- Während eines Grand-Slam Turniers soll er Monica Seles aufgefordert haben ihren „fetten Arsch“ zu bewegen, als beide in einer Schlange am Buffet standen. Dies hat Rios später geleugnet.
- 2000 wurde er in Los Angeles disqualifiziert, nachdem er zum Stuhlschiedrichter „fuck you“ sagte.
- Für Anwandlungen wie diese wurde er mehrfach als unsympathischster Spieler der Tour ausgezeichnet
Trotz all dieser Kontroversen wurde das Talent von Marcelo Rios von alles Seiten anerkannt und viele Experten sind sich einig, dass Rios mit mehr Professionalität und weniger Verletzungspech noch weit mehr Erfolge auf der Tour hätte feiern können.

In diesem Beitrag:
Tennisspieler: Andre Agassi, Carlos Moya, Goran Ivanisevic, Greg Rusedski, Guillermo Coria, Marcelo Rios, Mario Ancic, Monica Seles, Pete Sampras, Petr Korda