Federer gewinnt Finale in fünf langen Sätzen
Andy Roddick und Roger Federer haben sich im Finale von Wimbledon 2009 ein packendes Duell in fünf sehr langen Sätzen geliefert. Am Ende hatte Federer das bessere Ende mit 5:7, 7:6, 7:6, 3:6 und 16:14 (!) für sich. Das ist der wohl erste ausführliche Spielbericht eines unglaublichen Spiels.
Im ersten Satz gaben sich beide Spieler keine Blöße bis zum 5:5. Dann hat Roddick Probleme bei eigenem Aufschlag. Roger Federer hatte – wenn ich es richtig im Kopf habe – drei Breakbälle. Dabei hatte Roddick wirklich Glück. Denn das Hawk-Eye musste einige wichtige Bälle entscheiden. Alle Bälle waren an der Grundlinie von Roddick – und zwar ganz knapp im Aus. Doch Roger Federer blieb ruhig, wenngleich es ihm anzumerken war, dass ihn das doch etwas nervte.
Im folgenden Aufschlagspiel von Federer war es ebenfalls knapp. Dann kam es wie es kommen musste. Andy Roddick hat bei 30:40 seinen ersten Breakball. Der erste Aufschlag von Federer kommt nicht. Er wirkt angespannt. Zweiter Aufschlag, Andy Roddick riskiert die Rückhand longline, Federer kommt zwar noch heran, bringt aber den Ball nicht mehr zurück: Satz Roddick.
Wer dachte, das wäre ein drmatischer Satz gewesen, der sollte sich täuschen. Es war mit der harmloseste Satz dieses ungemein spannenden Endspiels.
Im zweiten Satz schlugen beide Spieler wieder sehr sicher und souverän auf. Insbesondere Andy Roddick konnte seine Aufschlagquote konstant hoch halten. Er hatte aber auch schon während des gesamten Turniers mehr als 70% erste Aufschläge ins Feld gebracht. Es geht in den Tie-break. Da zeigt Federer Nerven und Roddick zieht mit klasse Spiel schon 6:2 davon. Vier Satzbälle zur 2:0-Satzführung. Doch Federer kämpft. Und Roddick tut ihm den Gefallen, er setzt einen eher einfachen Rückhand-Volley weit ins Aus und versemmelt darauf einen Schmetterball. Federer ist wieder im Satz. Was für eine Wendung. Und tatsächlich schafft Federer den Satzgewinn im Tie-break mit 8:6. Federer pusht sich, er zeigt wie wichtig ihm dieser zweite Satz – gerade bei diesem Verlauf – war. Roddick ist enttäuscht, bleibt aber nach außen ruhig.
Im dritten Satz hat Federer beim zweiten Aufschlagspiel von Roddick einen Breakball. Roddick wehrt aber wie so häufig mit einem klasse Aufschlag ab. Danach bleibt alles beim gewohnten Bild. Beide servieren gut und von der Grundlinie ist Federer besser, aber roddick immer für einen Punkt gut. Es geht auch im dritten Satz in den Tie-break. Nun umgekehrter Verlauf: Federer geht mit 6:3 in Führung, nachdem Roddick zwei unnötige Fehler unterlaufen sind. Roddick kommt nochmal auf 5:6 heran, aber dann serviert Federer erstklassig. Den Return kann er locker verwandeln. Satz 3 wiederum im Tie-break an Federer.
Im vierten Satz hat Roddick bei 2:1 für sich zwei Breakbälle gegen Federer. Federer konnte den ersten Breakball abwehren, dann folgte ein Angriff auf Roddicks Rückhand. Wie schon einige Male zuvor zeigte Roddick einen klasse Passierball longline, den Federer nicht mehr erreichte. Das zweite Break für Roddick, der seine Freude rausschreien musste. Dieses Break konnte Roddick ungefährdet bis zum 5:3 durchziehen. Zuvor hätte er beinahe eine weitere Breakchance erspielt. NunAufschlag Roddick zum Satzgewinn. 30:30. Roddick lässt sich Zeit und spielt den ersten Aufschlag mit mehr Schnitt sicher ins Feld. Es folgt das klassische Grundlinienspiel. Federer wirft Roddick eine langsame Rückhand Slice auf dessen Rückhand. Roddick kann allenfalls longline mal was riskieren. Hier wirft dieser den Ball zurück. Darauf wollte Roger mit seiner Vorhand longline angreifen, verzieht den eher einfachen Ball aber ins Netz. Satzball Roddick. Guter Aufschlag, gute Vorhand: Satz vier geht an Roddick.
Fünfter Satz. Da Federer bislang Roddick noch nicht breaken konnte, war mangels Tie-break in diesem Satz schon klar: Federer wird Roddick zum Sieg mindestens einmal breaken müssen. Chancen waren bisher vorhanden, aber Roddick spielte dann immer sehr gut. Der fünfte Satz geht bis zum 8:8, als Federer zwei Breakbälle abwehren konnte. Federer schlägt immer besser auf. Bereits jetzt liegt er bei über 40 Assen. Das Spielchen geht weiter. Keiner gibt sich eine Blöße.
Es steht mittlerweile 11:10 für Federer als bei Aufschlag Roddick Einstand auf der Anzeigetafel steht. Aber Roddick bleibt cool und macht das 11:11.
Letztes Jahr musste Federer gegen Nadal den fünften Satz mit 7:9 verloren geben. Dieses Mal dauert es länger. Es ist bereits beim Stand von 12:12 der längste fünfte Satz in Wimbledon (in der Open Ära). Selbst beim 13:12 wirken beide Spieler noch fit, obwohl seit einiger Zeit die Sonne gnadenlos nach unten heizt. So gut Federer nun aufschlägt, so gut wird Roddick aus dem Spiel. Zudem wirft das Stadion bereits teilweise Schatten auf den Platz, die äußeren Bedingungen sind also zunehmend schwieriger.
13:12 für Federer, Aufschlag Roddick: Einstand. Federer zwingt Roddick zum Laufen, der dann auch Fehler macht. Aufschlagwinner von Roddick. Roddick ist heute wirklich bärenstark wenn es darauf ankommzt – selbst nach über vier Stunden. 13:13 und noch keine einzige Breakmöglichkeit seit dem 8:8. Federer schlägt nun Asse am Fließband. Federer legt in seinem sechsten Wimbledon-Finale in Folge wieder vor: 14:13 für Federer. Immer vorzulegen, könnte nun ein ganz kleiner aber immens wichtiger Vorteil werden. 15:30 und ein Angriff von Roddick, Federer bringt die Vorhand als Passierball nicht übers Netz, das wären zwei Matchbälle gewesen. Dann zwei Asse Roddick: 14 beide – unglaublich cool die beiden. Allein der fünfte Satz dauert nun bereits 88 Minuten. Federer locker zum 15:14. Lange kann das so wohl nicht mehr weitergehen. Es ist bereits jetzt erstaunlich, wie hoch und lange beide Spieler die Konzentration halten können. Pete Sampras dürfte als Zuschauer wohl auch langsam unbequem sitzen. Federer ist jetzt bei Aufschlag Roddick am Drücker. 0:30. Dann wieder drei Service-Winner von Roddick. Unfassbar wie gut der dann aufschlägt – und das schon praktisch sechs Sätze lang. Langsam werden die Grundlinienduelle kürzer, die Fehler mehr. Einstand. Servicewinner. Einstand. Roddick wird spürbar langsamer an der Grundlinie. Kein Servicewinner, Rahmenball Roddick: Matchball Federer nach vier Stunden und 17 Minuten. Erster Aufschlag im Netz, 16 zu 14 für Federer.
Sein 15. Grand-Slam-Sieg. Roddick ist sichtlich enttäuscht, denn ein einziges Break ließ er zu, was Federer letztlich reichte. Hätte er den zweiten Satz im Tie-break mit dem leichten Rückhand-Volley gewonnen, hätte… Federer hat.
Eindrücke von der Siegerehrung

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In diesem Beitrag:
Tennisspieler: Andy Roddick, Roger Federer
Tennisturnier: Wimbledon
5. Juli 2009 um 21:17 – individueller Kommentar
Der letzte Satz war wirklich beeindruckend, so solide Aufschlagleistungen von beiden – unfassbar. Vor allem hätte ich nicht gedacht das Roddick so lange durchhält da er ja immer 1 Game im Rückstand war & jedes mal bestätigen musste… hab Roddick schon lange nicht so gut gesehen, er hätt sichs heut genauso verdient. Aber die 50 Asse von Roger waren schon heftig 🙂
5. Juli 2009 um 22:00 – individueller Kommentar
Unglaubliches Finale! Wer hätte gedacht, dass Roddick solch ein Tennis spielen kann. An diesem Tag hätte er wahrscheinlich jeden Spieler der Welt außer Federer geschlagen. Roger hatte ein paar Chancen, das Match früher zu gewinnen, doch Roddick hat sich unglaublich gewehrt. Den Titel hätten beide verdient gehabt. Doch jetzt hat der Fed-Express erneut Geschichte geschrieben. Vielleicht bekommt Roddick in New York eine neue Chance, auf einen weiteren Grand Slam-Titel. Mit Federer, Nadal, Murray, Djokovic, del Potro und Roddick ist die Spitze so stark wie nie…
6. Juli 2009 um 01:09 – individueller Kommentar
Ich konnte es nicht sehen und habs eben im schnelldurchlauf geschaut … Roddick tut mir einfach nun leid. Ob er nochmal so nahe dran kommt, wage ich zu bezweifeln….
Glückwunsch Roger.
6. Juli 2009 um 01:27 – individueller Kommentar
Naja, Schnelldurchlauf bei so einem Spiel 🙂
Roddick konnte auch nicht so recht lachen auf dem Siegerfoto. Schließlich spielt er seit Jahren mit den besten Trainern in den Top5, aber die wirklich großen Titel sind dennoch Mangelware. Kommt man dann endlich in das größte Finale und ist nach klasse Spiel so nahe dran, ist das natürlich doppelt bitter.