Kohlschreiber als letzter Deutscher ausgeschieden
Für die deutschen Tennisspieler sind die US Open 2010 schon wieder vorbei. Gestern Nacht schieden auch Philipp Kohlschreiber und Benjamin Becker aus. Bei den Damen hält dagegen Andrea Petkovic in überzeugender Manier die deutsche Fahne hoch.
Nachdem nur vier deutsche Tennisspieler die erste Runde überstanden haben, war dann die zweite Hürde bereits zu hoch. Klar, Roger Federer (gegen Andreas Beck) und Novak Djokovic (gegen Philipp Petzschner) wären schon Überraschungssiege gewesen. Auch David Ferrer ist ein sehr guter Spieler, gegen den Benjamin Becker sicherlich verlieren kann. Aber Philipp Kohlschreiber – dazu gleich mehr.
Andreas Beck hatte einfach keine Chance gegen Roger Federer. Philipp Petzschner dagegen durchaus gegen Novak Djokovic. Hätte Philipp den ersten Satz gewonnen, wäre der Joker vielleicht nervös geworden. Denn Petzschner spielte sehr gut, technisch wie taktisch. Insbesondere der starke Aufschlag beeindruckte. Leider konnte er das hohe Niveau nicht ganz halten und Djokovic spielt nunmal sehr konstant. Gegen einen etwas labileren Gegner hätte es wohl gereicht. Schade, aber gute Leistung. Benjamin Becker dagegen hörte man die letzten Monate eher selten. Eine ordentliche Leistung und in Runde zwei raus gegen David Ferrer ist definitiv okay. Die offensive Taktik war sicherlich die einzig erfolgversprechende Möglichkeit gegen die spanische Ballwand. Aber Ferrer kontert einfach gut und spielt mit kostant guter Länge bei sehr wenig Fehlern.
Enttäuscht hat allerdings Philipp Kohlschreiber. Sicherlich hat Gilles Simon als ehemalige Nummer 6 der Tennis Weltrangliste alles Potential der Welt. Allerdings konnte Simon dieses die letzten Jahre nicht wirklich abrufen. Zudem wurde er Vater und will sicherlich so schnell wie Möglich zu Kind und Frau in die Heimat. Die ersten beiden Sätze reichte es eigentlich, wenn Kohlschreiber energisch angriff. Ein Volley war meist gar nicht mehr nötig, da Simon den Passierball meist ins Netz spielte. So war der erste Satz mit 6:4 reine Formsache. Satz 2 eigentlich genauso. Wer aber so einen Hänger hat, der baut den Gegner auf. Simon gewann durch ein Formtief von Kohlschreiber Satz 2 dadurch mit 6:3 und war darüber wohl genauso überrascht wie alle anderen auch. Denn Kohlschreiber war der aktivere und bessere Spieler. Simon schlug gut auf und warf die Bälle zurück. Das wars aber auch schon.
In Satz 3 war der verärgerte und wieder aggressivere Kohlschreiber wieder klar überlegen und nahm Simon den Satz 6:1 ab. Wer jetzt dachte, Satz 2 war nur ein Ausrutscher, täuschte sich. Denn Kohlschreiber verlor nun komplett den Faden. Der erste Aufschlag verpuffte, Vorhand-Return war praktisch ein sicherer Punkt für Simon und der Rhythmus von der Grundlinie war weg. Simon spielte eigentlich auch nicht besser, er schlug vielleicht etwas besser auf, aber Kohlschreiber machte es ihm einfach (zu) leicht. Satz 4 ging damit mit 6:1 an Simon.
Nun hofften alle deutschen Fans zur Nachtzeit auf den „Final Set“. Aber Kohlschreiber konnte bei Aufschlag Simon in keinem Aufschlagspiel mehr als dreimal den Aufschlag returnieren. Bei eigenem Service musste Kohlschreiber dagegen immer kämpfen und war für einen Rahmentreffer immer gut. Das 6:3 für Simon entspricht daher dem Kräfteverhältnis des fünften Satzes. Allerdings war diese Niederlage völlig unnötig. Ein mental topfitter Kohlschreiber gewinnt in drei Sätzen. Daher kann man nur hoffen, dass die Trainersuche von Kohlschreiber zum erhofften Erfolg führt.

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In diesem Beitrag:
Tennisspieler: Andrea Petkovic, Andreas Beck, Benjamin Becker, David Ferrer, Gilles Simon, Novak Djokovic, Philipp Kohlschreiber, Philipp Petzschner, Roger Federer
Tennisturnier: US Open