Tommy Haas bei den Australian Open raus in Runde 1
Bei den Australian Open 2013 ist Tommy Haas leider ganz knapp bereits in Runde 1 ausgeschieden. Tommy Haas unterlag dem Finnen Jarkko Nieminen aus Finnland mit 6:7, 6:4, 3:6, 6:4 und 6:8. Dabei vergab er vom ersten Satz an zahlreiche Chancen, im fünften Satz sogar einen Matchball. Tommy Haas war fitter und eigentlich besser. Ein Grund genauer hinzuschauen.
Als letztes Match der Nightsession war es in Deutschland beste Morgenzeit. Daher dürften doch relativ viele Fans in Deutschland Tommy Haas bei den Australian Open 2013 im TV oder Online-Player gesehen haben. Vielleicht der letzte Auftritt des 34jährigen Deutschen in Australien. Allerdings machte Haas körperlich einen sehr, sehr fitten Eindruck. Bis weit in den fünften Satz hinein flitzte er in die Ecken und hatte die Kraft für jeden Schlag und jeden Weg. Damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet. Vielmehr hätte ich etwas mehr Cleverness erhofft.
Spielverlauf Tommy Haas – Jarkko Nieminen
Im ersten Satz war Haas immer näher am Break, hatte zahlreiche Breakbälle. Bei eigenem Aufschlag wackelte Tommy nur im ersten Aufschlagspiel ein wenig, ansonsten sehr souverän. Von daher hätte Tommy Haas den ersten Satz schon ganz klar gewinnen müssen – und das, obwohl seine Taktik nicht aufging.
Taktik Tommy Haas
Von Anfang an war zu sehen, dass Tommy Haas mit der Vorhand nicht den richtigen Schwung fand. Ein wackliger Schlag, mit dem er viele Fehler produziere, wenn er longline spielen wollte oder aus dem Lauf schlagen musste. Das wusste Haas. Denn zum einen merkte man ihm die Unsicherheit an und zum zweiten versuchte er mit der Vorhand mit viel Spin und hoch cross auf die Rückhand des Linkshänders Nieminen zu spielen. Damit verfolgte er folgende Ziele:
- Vermeidung eigener Fehler mit der Vorhand
- Nieminen kann sehr schnell spielen. Mit hohen Treffpunkten bei langsamen Bällen auf dessen Rückhand aber nicht. Haas hat daher kaum überraschende Winner zu befürchten, kann vielmehr auf eine Chance warten.
- Nieminen muss weit in seine Rückhand zurück, die Vorhandseite wird „offener“. Hier plante Tommy Haas immer wieder mit schnellen Bällen anzugreifen, was ihm aber nur selten gelang
Taktik von Jarkko Nieminen
Nieminen spielt eigentlich immer gleich. Er versucht durch sehr starke Variationen dem Gegner keinen Rhythmus zu geben und selbst immer wieder überraschende Akzente zu setzen. Durch seine variablen Spielmöglichkeiten bietet sich dies an, sofern er nicht selbst dadurch aus dem Rhythmus kommt.
Das ging auf, Tommy Haas hatte sicherlich noch nicht mal im zweiten und dritten Satz das Gefühl, richtig „im Match“ zu sein. Nieminen hatte beispielsweise Aufschlaggeschwindigkeiten zwischen 140 und 210 km/h.
Damit kam Tommy Haas überhaupt nicht zurecht. Die dennoch zahlreichen Chancen vergab er zum Teil jedenfalls aber auch deswegen – ihm fehlte die Sicherheit und das letzte Vertrauen in seine Schläge (insb. seine Vorhand) am heutigen Tag.
Nach dem unglücklich verlorenen ersten Satz war Tommy mental erstmal durch und lag schnell 1:4 zurück. Danach fasste er sich aber ein Herz und wurde aggressiver und offensiver, wodurch er Nieminen komplett aus dem Tritt brachte und den Satz ganz klar noch drehen konnte.
Im dritten Satz konnte Haas seinen Rückenwind leider nicht lange halten und muste ein frühes Break wieder abgeben. Am Ende kassierte er bei einem der ganz wenigen schlechten eigenen Aufschlagspiele wieder sehr unglücklich den Satzverlust.
Aber Tommy Haas biss sich rein. Im vierten Satz schaffte er es endlich, auch mal die wichtigen Punkte zu machen, obwohl das Match nun eigentlich erst richtig ausgeglichen war. Kurioserweise gewann diesen Satz Haas am klarsten.
Auch im fünften Satz hatte Haas über lange Zeit die Trümphe und Chancen in der Hand. Er war zum Satzende immer dran am Matchgewinn und Break. Bei seinem ersten und einzigen Matchball war Haas aber zu vorsichtig. Nieminen spielte überraschenderweise (eigentlich typisch für dessen Match) Serve-and-Volley. Haas returnierte mit der Slice-Rückhand auf Nummer sicher, so dass Nieminen den Volley gut vollstrecken konnte. Bitter. Danach verzog Haas noch zwei Vorhaände um wenige Zentimeter – Ausgleich. Dann konnte Haas die Konzentration und mentale Kraft nicht mehr aufbringen und gab sein Servie klar ab. Danach schlug Nieminen sehr gut auf, Matchgewinn für Nieminen. Bitter für Haas. Eigentlich verwunderlich, dass Haas nicht mehr fluchte und schimpfte, was er normal schon bei besseren Spielverläufen macht. Aber dennoch eine gute Leistung. Hätte Haas die Vorhand etwas besser getroffen, wäre das ein Dreisatzsieg oder zumindest Viersatzsieg geworden. Schade.
Dafür machte parallel Juan Martin del Potro einen sehr guten Eindruck. Mal sehen, wie er das Trio um Roger Federer, Novak Djokovic und Andy Murray aufmischen kann.

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In diesem Beitrag:
Tennisspieler: Andy Murray, Jarkko Nieminen, Juan Martin Del Potro, Novak Djokovic, Roger Federer, Tommy Haas
Tennisturnier: Australian Open