Radikale Reform beim Davis Cup
Seit 118 Jahren wird der Davis Cup im wesentlichen im gleichen Modus gespielt. Ab 2019 ist damit Schluss. Dann ist der Davis Cup mehr oder weniger ein normales Wochenturnier mit Qualifikationsrunde und Finalwochenende. Der umstrittene Vorschlag wurde von der ITF bereits beschlossen, weshalb wir uns das neue Procedere im Davis Cup ab 2019 genauer anschauen wollen – soweit bekannt.

Radikale Reform beim Davis Cup
Davis Cup: alt und neu
Kurz: der Davis Cup sind die Länderspiele im Fußball für’s Tennis bei den Herren (bei den Damen nennt sich das Fed Cup).
Dabei gab es quasi mehrere Ligen, die besten 16 Mannschaften spielen/ spielten in der obersten Liga, der so genannten Weltgruppe, den Davis Cup-Sieger aus, also praktisch die beste Ländermannschaft.
Dieser Prozess zog sich über mehrere Begegnungen durch das ganze Tennisjahr.
Angesichts zu dichten Terminkalenders, Druck auf Weltranglistenpunkte und Geld, weigerten sich immer wieder Topspieler ihr Land beim Davis Cup zu vertreten. Das wollte man verbessern, wobei es zu einem sehr radikalen neuen Konzept kam.
Neu: Davis Cup „Turnier“ ab 2019
- Ab 2019 ist der Davis Cup nur noch ein Wochen-Turnier im Jahr. Damit sollten auch alle Topspieler Zeit finden, sofern die Gagen stimmen.
- Die bisherigen 18 Mannschaften der führenden Weltgruppe sind teilnahmeberechtigt.
- In der Qualifikationsrunde zu Beginn wird in sechs Dreiergruppen ausgespielt, wer am Finalwochenende dabei ist.
- Im Finalwochenende wird die Siegermannschaft klassisch im Viertel-, Halbfinale und Finale ermittelt.
- Aufgrund der vielen Spiele in kurzer Zeit wird nur noch auf zwei Gewinnsätze gespielt und statt vier Einzel und einem Doppel soll es nur noch zwei Einzel und ein Doppel geben.
Termin 2019
Der Termin für den Davis Cup bzw. das Davis Cup-Turnier 2019 steht schon fest.
Es wird von 18. bis 24. November in Madrid oder Lille stattfinden.
Alles zum Davis-Cup Finale 2019 inkl. Live-Stream & Co.
Hintergrund der Reform
Der Vorschlag kam von ITF-Chef David Haggerty. Die Idee dazu kommt von der Investmentfirma Kosmos (von Spaniens Fußballer Gerard Piqué geführt), die der ITF für die nächsten 25 Jahre satte 3 Milliarden Dollar in Aussicht stellten.
Vor allem dieses monetäre Argument dürfte bei der entscheidenden Generalversammlung der ITF die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit mit 71,4% der 147 Mitgliedsnationen bewirkt haben.
Kritik am neuen Davis Cup-System
Wie bei jeder radikalen Reform sind die Kritiker zahlreich. Viele Kritiker wie der DTB gestehen auch Reformbedarf ein, sind aber gegen diese Totalveränderung – übrigens wie viele große Tennisnationen wie Australien oder England. Vor allem viele kleinere Verbände waren letztlich für das positive Abstimmungsergebnis verantwortlich.
Natürlich sind die Davis Cup-Teamchefs dagegen, denn deren an sich schon relativ ruhiger Job wird nun noch ruhiger. 51 Wochen im Jahr kein Turnier, kaum Relevanz. Da dürften auch entsprechend dotierte Verträge fraglich werden (Wegfall der Geschäftsgrundlage). So zeigte sich auch die deutsche Fed Cup-Chefin Barbara Rittner „empört“ über die Davis Cup-Änderung, Boris Becker „sprachlos“.

Boris Becker zur Reform beim Davis Cup auf twitter
Berechtigte Kritik kommt von Spielern wie Roger Federer, der moniert, dass die Spieler nicht einmal gefragt oder sonst einbezogen wurden.
Da aber bereist vollendete Tatsachen geschaffen wurden, liegt es nun an der ITF für ein spannendes Format mit den besten Spielern zu sorgen. Ansonsten geht die Änderung nach hinten los für die ITF, die Investmentfirma Kosmos und alle Tennisfans.
Ein hohes Risiko.
Eigene Meinung
Der Davis Cup lebt(e) meiner Meinung nach von der stark nationalen Färbung, von Underdog und Favorit, von untypisch aufgeheizter Stimmung, greifbarer Spannung und emotionalem Druck mit entsprechend großer Freude. Viele Tennisfans erinnern sich bestimmt noch an monumentale Kämpfe in Stierkampfarenen, wo man als Zuschauer schon aggressiv vorm Fernseher wurde, weil das gegnerische Publikum unfair störte und einseitig anfeuerte. Wenn dann der deutsche Spieler dem immensen Druck Stand hielt und klasse Punkte und Matches spielt, das war Gänsehaut pur.
Das war der Unterschied zu einem normalen Turnier.
Dort bewundere ich auch Raffinesse, Taktik, Technik usw. aber erfreue mich am Spiel insgesamt. So wird es vermutlich auch sein, wenn im November 2019 Deutschland beim neuen Davis Cup über wenige Tage sechs Einzel und drei Doppel spielt.
Schade, ich hatte gehofft, die großen Verbände hätten den (Geld)Hals schon voll genug und würden Tennis als Sportart fördern und fordern. Bei der Davis Cup-Reform ist der ITF dies in meinen Augen nicht gelungen, ganz im Gegenteil.
Quellen, weiterführende Links
- https://www.daviscup.com/en/news/290057.aspx
- https://de.wikipedia.org/wiki/Davis_Cup
- https://www.kosmostennis.com/index.html
- https://tennis1.wordpress.com/2018/08/24/davis-cup-reform-2019/

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In diesem Beitrag:
Tennisspieler: Barbara Rittner, Boris Becker, Roger Federer
Tennisturnier: ATP Cup, Davis Cup