Roger Federer im Viertelfinale ausgeschieden
Die Nummer 1 der Tennis Weltrangliste Roger Federer ist soeben im Viertelfinale der French Open 2010 gegen Robin Söderling ausgeschieden. Der Schweizer unterlag mit 6:3, 3:6, 5:7 und 4:6 in einem hochklassigen Spiel.
Roger Federer hatte zuletzt 2004 (gegen Gustavo Kürten bei den French Open) nicht mindestens das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Das waren 23 Halbfinals in Folge. Der nächste Name in dieser Statistik schaffte 14 und spielt nicht mehr aktiv. Daher rechneten auch die wenigsten damit, dass Roger Federer nicht auch sein 24. Halbfinale in Folge erreichen würde. Allerdings war der Gegner Robin Söderling immerhin an Nummer 5 gesetzt und im Vorjahr im Finale (gegen Roger Federer). Söderling hatte bereits in den Vorrunden gute Leistungen gegen Sandplatzspieler gezeigt.
Im ersten Satz war gegen Roger Federer aber kein Kraut gewachsen. Federer spielte hochkonzentriert und fast fehlerfrei. Nur 3 unerzwungende Fehler im Satz ließen Robin Söderling schlecht aussehen, obwohl er eigentlich ganz ordentlich spielte. Allerdings dominierte Federer die Ballwechsel von anfang an und setzte Söderling ordentlich unter Druck. Der hatte bei fast allen eigenen Aufschlagspielen zu kämpfen, lediglich seine enorm schnellen ersten und zweiten Aufschläge retteten ihn. Aber ein Break schaffte Federer dann bei seiner zweiten Gelegenheit dann doch ganz souverän – zum 5:3. Aufschlag und Spielgewinn waren dann reine Formsache – Satzgewinn Federer. Federer schlug sehr gut auf, hatte 74% erste Aufschläge im Feld und machte auch mit dem zweiten Aufschlag fast immer den Punkt.
Im zweiten Satz brach bei Roger Federer die Aufschlagquote deutlich ein und Robin Söderling wurde aggressiver, offensiver. Nach außen änderte sich auf den ersten Blick nicht viel, es gab nur mehr Ballwechsel bei Aufschlag Federer. Söderling returnierte jetzt erstmal ins Feld, um die vielen Returnfehler aus dem ersten Satz zu vermeiden. Aber dann ging Söderling auf die Bälle mit seinen schnellen, kraftvollen geraden Schlägen. Federer war damit meist ab dem zweiten Ball in der Defensive. Söderling übernahm immer mehr die Kontrolle und zimmerte die Bälle schon sensationell genau und scharf in die Ecken. Bemerkenswert ist dabei auch die Athletik von Roger Federer, der sehr viele schier unerreichbare Bälle noch holte. Aber trotz Nieselregens und schweren, langsamen Bällen schlug Söderling die ersten Aufschläge weit über 200 km/h und die zweiten mit häufig über 180 km/h übers Netz.
Folglich hatte nun Roger Federer mehr bei eigenem Aufschlag zu kämpfen und Söderling schnappte sich das Break zum 5:3. Beim folgenden Aufschlagspiel erspielte sich Federer einen Breakball, den er mit einem unglaublichen Schmetterball nahe der hinteren Bande fast gemacht hätte. Aber Söderling war zur Stelle und konnte mit einem eingesprungenen Rückhandvolley mit dem Rücken zum Spielfeld den Konter in letzter Sekunde abwehren. Danach sicherte sich Söderling zurecht den zweiten Satz. Er wirkte zwar nicht so flink wie Roger Federer, war aber deutlich druckvoller auf Vorhand- wie Rückhandseite.
Im dritten Satz war es weiter ein sehr ausgeglichenes, hochklassiges Spiel. Beide Aufschläger ließen nur wenig Chancen für den Gegner zu. Erstmals musste Federer beim Stand von 3:4 richtig um sein Aufschlagspiel kämpfen. Er brachte es nach langem Kampf mit einem lauten „come on“ zum 4:4 durch. Beim folgenden Aufschlag Söderlings vergab Federer dann einen Breakball, was im Nachhinein Folgen hatte. Bei 5:5 und Aufschlag Federer setzte der Nieselregen ein und wurde stärker, so dass unterbrochen werden musste. Söderling überstand die unfreiwillige Pause besser und riskierte weiterhin viel. Dagegen war Federer dann trotz erstklassiger Defensivqualitäten machtlos. Sicherlich war sein Aufschlag auch heute bei den kühlen, feuchten Bedingungen nicht der beste. Söderling schlägt dagegen mit viel weniger Spin und kam wohl auch daher mit den äußeren Bedingungen etwas besser zurecht. So servierte Söderling mental stark den dritten Satz mit 7:5 souverän heim. Söderling hatte schon im Vorfeld betont, dass er sich bereit und fit für einen Sieg gegen Roger Federer fühle. Das zeigte er heute in beeindruckender Weise. Er bewegte sich für seine Verhältnisse sehr gut und zeigte sich auch mit der Rückhand stark verbessert.
Jetzt begriffen wohl erst die meisten Zuschauer, dass hier Roger Federer ernsthaft mit dem Rücken zur Wand steht. Auch weil Söderling weder mental noch lörperlich nachließ und bei jeder Gelegenheit aus jedem Winkel auf den Winner ging. Söderling würde mit seinen Vorhandschlägen aus allen Lagen allein im vierten Satz das halbe Best-of-Roland-Garros-2010-Video füllen. Dennoch gelang Federer zu Beginn gleich das Break. Hoffnung keimte unter den Federer-Fans auf, allerdings nicht lange. Denn Söderling holte sich das Break gleich wieder. Laut Federer ist es ja nur dann ein Break, wenn man daraufhin seinen Aufschläg hält. Den Satz entschieden letztlich wenige leichte Fehler auf seiten Federers beim 4:4. Dadurch schaffte Söderling das Break zum 5:4, dass er bei eigenen Aufschlägen um die 220 km/h nicht mehr hergab. Game, Set and Match „Soderling“.
Puh. Ruhe. Federer raus. Tatsächlich. Schade. Nadal. Söderling…das musste man erst einmal verarbeiten.
Folgen
Federer droht nun bei einem Sieg von Rafael Nadal vorerst Platz 2 der Tennis Weltrangliste. Bleibt er auf Platz 1 würde er einen weiteren Rekord brechen: über 286 Wochen auf Platz 1 der Rangliste. Diesen hält (noch) Pistol Pete Sampras.
Auch gespannt darf man die kommenden Tage beobachten, wie Roger Federer nach außen mit dieser für ihn doch neuen Situation umgeht. Er war sicherlich sehr gut vorbereitet und hatte ganz ordentlich gespielt – Söderling war heute einfach minimal besser.

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In diesem Beitrag:
Tennisspieler: Pete Sampras, Rafael Nadal, Robin Söderling, Roger Federer
Tennisturnier: French Open (Roland Garros)